Lichterlöschen im Haus Nepomuk

Über hundert Jahre hielt Nepomuk als Brückenheiliger seine schützende Hand auch über dieses alte Haus. Es stand bis vor kurzem in einem grossen Garten mit altem Baumbestand. Um diese Jahreszeit dürfte sich der Duft des Flieders durch die geöffneten Fenster ins Haus geschlichen und bei seinen Bewohnern Frühlingsgefühle ausgelöst haben. Aber irgendwann vermochte Nepomuk dem Anlagedruck eines Versicherungskonzerns nicht mehr standzuhalten und das grosse Grundstück wurde verschachert. Heute sind der Garten und seine alten Bäume dem Erdboden gleichgemacht und das alte Haus wird schon bald einer Überbauung mit 80 Wohnungen weichen. Der Duft des Flieders weicht Minergie-Standard und Frühlingsgefühle werden nur noch durch die zu erwartende Rendite ausgelöst. Nepomuk konzentriert sich derweil ganz in der Nähe wieder auf seine eigentliche Bestimmung. Gastbeitrag von stewi
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3 Idee über “Lichterlöschen im Haus Nepomuk

  1. deröffner sagt:

    Tolle Bilder eines sehr farbigen Hauses. Die Tepiche…. und die Zettelchen mit den Datum für neuen Herd oder neue Vorhänge…. sehr schöner feiner Einblick ins Leben der ehemaligen Bewohner.

  2. Carmen sagt:

    Danke für diesen Text voll Poesie. Diese droht zu verschwinden wie das Haus. Zählt doch auch beim Schreiben die Schnelligkeit und Effizienz. Geklonte Texte wie geklonte Häuser allerorts.

    • stewi sagt:

      Merci für deine Rückmeldung, die mir aus dem Herzen spricht. KI und kommerzielle Architektur sind leider Gift für Poesie und gutes Bauen. Wo einst das Haus Nepomuk stand, stehen jetzt drei riesige seelenlose Wohnsilos.

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